
Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Kooperation mit dem Tagesspiegel.
Ivan Sunjic blieb stehen und schaute sich noch einmal um. Es wirkte so, als wollte er sich noch einmal vergewissern, ob sein Trainer das wirklich ernst gemeint hatte. „Was denkst du hier?“, hatte Pal Dardai zu ihm gesagt, und das in einer solchen Lautstärke, dass es auch bei den Zuschauern am anderen Ende des Trainingsplatz gut zu verstehen war. „Geh weg! Tschüss!“
Ja, es war ernst gemeint. Dardai, der Trainer von Hertha BSC, legte noch einmal nach, als er feststellte, dass Sunjic auf halbem Weg in die Kabine stehen geblieben war. „Verpiss dich hier!“, rief der Ungar nun. Und begleitete seine Worte mit einer entsprechenden Handbewegung. „Tschüss. Tschüüühüss. Tschüss. Tschüss. Tschüss. Ciao.“ Sunjic trollte sich.
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Fünf Spieltage sind es noch, bis die Saison in der Fußball-Bundesliga endet, und Hertha BSC ist spätestens am Samstag, bei der 2:4‑Niederlage gegen Werder Bremen im eigenen Stadion, endgültig in einer Situation angelangt, in der jemand ein Zeichen setzen muss. Und da die Spieler (bis auf ganz wenige Ausnahmen) dazu offenkundig nicht in der Lage sind, hat der neue Trainer das übernommen.
So verzichtete Dardai bei seiner Rückkehr auf die Trainerbank auf Stürmer Wilfried Kanga, die teuerste Verpflichtung dieser Saison. „Seine Körpersprache war nicht genug“, erklärte der Ungar, warum es bei Kanga nicht für eine Platz im Kader gereicht hatte. Und am Morgen nach der Niederlage gegen die Bremer, im Training der Reservisten, erwischte es dann Ivan Sunjic.
Eine öffentlichkeitswirksame Aktion
Disziplinlosigkeit lautete nach der Einheit die offizielle Erklärung. Bei der kurzen Ansprache des Trainers nach dem Aufwärmen hatte sich der Kroate offenbar zu Wort gemeldet und dadurch Dardais Wutausbruch ausgelöst.
Sunjic fehlte gegen Bremen ebenfalls im Kader. In der Startelf stand er zuletzt Ende Januar, seitdem wurde er noch drei Mal eingewechselt und blieb fünf Mal auf der Bank sitzen. Seine sportliche Bedeutung tendiert also längst gegen null. Dass Dardai sich Sunjic rauspickte, deutet darauf hin, dass es sich um eine kalkulierte Aktion mit möglichst großer Öffentlichkeitswirksamkeit gehandelt hatte.
„Wenn einer komisch guckt, dann haben wir schon Probleme“
Zumal Herthas Trainer sie in der Medienrunde unmittelbar vor dem Training schon indirekt vorbereitet hatte. „Wenn einer nicht mitzieht, dann muss ich auch leider andere Entscheidungen treffen“, hatte er da gesagt. Und auch: „Wenn einer komisch guckt, dann haben wir schon Probleme.“
Die Zeiten sind nun mal ungemütlich. Und nach dem Debakel gegen Werder sind sie für Hertha sogar noch ungemütlicher als befürchtet. Während am Samstag bis zum Anpfiff noch eitel Sonnenschein herrschte, kehrte über Nacht die Tristesse zurück. Im wörtlichen ebenso wie im übertragenen Sinne. Der Berliner Frühling ist in diesem Jahr denkbar kurz ausgefallen. Und ob er für Hertha überhaupt noch einmal zurückkehren wird, ist mehr als fraglich.
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